Von der ersten Spiralsocke zur „Sockenkönigin“ 

Doris Kempf gibt im Interview Tipps für Sockenstrick-Neulinge und Herausforderungen bei großen Sockengrößen. 

Heute darf ich Euch Doris Kempf vorstellen, eine passionierte Strickerin, die sich das Sockenstricken selbst beigebracht hat – und das erst in ihrer Rentenzeit! Was mit einer Spiralsocke begann, hat sich schnell zu einer Leidenschaft entwickelt, die Doris sogar in mein Teststrickteam geführt hat. Gemeinsam mit anderen Strickerinnen testet sie meine Sockenanleitungen und sorgt dafür, dass sie perfekt sind. Die Damen aus ihrem Stricktreff nennen sie die „Sockenkönigin“. In unserem Interview erzählt sie von ihren Anfängen, den Herausforderungen großer Sockengrößen und ihrer Begeisterung für das Sockenstricken.

Hallo Doris, magst du dich den sockshype-Lesern kurz vorstellen und uns erzählen, wie du zum Stricken gekommen bist?

Was soll ich sagen? Ich werde in Kürze 70 Jahre alt, habe immer gearbeitet und nach 40 Jahren Pause (aus Zeitmangel – ARBEIT, Familie, Haus und Garten) wieder angefangen zu stricken, als ich in Rente ging.

Ans Sockenstricken hast du dich erst als Rentnerin gewagt. Was hat dich dazu motiviert und wie hast du es gelernt?

Ich habe angefangen mit Decken stricken. Zuerst eine für meine Enkelin und als meine Tochter sie gesehen hat, meinte sie, die ist aber schön – könntest Du vielleicht …

Ich habe da schon mit dem Sockenstricken geliebäugelt, habe mich aber nicht daran getraut. Da in meinem Bekanntenkreis niemand strickt, konnte ich da auch niemanden fragen und habe angefangen, mich im Internet umzusehen.

Es hat mich sehr beeindruckt, was da alles an schönen Socken gestrickt wurde, schien mir aber viel zu kompliziert bis ich eines Tages die Spiralsocken entdeckte. Ich habe dann nach einer leicht verständlichen Anleitung gesucht und bin bei Talu fündig geworden.

Begonnen hast du mit Spiralsocken. Ich habe irgendwo gelesen, dass in den 1920er Jahren amerikanische Frauen aufgerufen wurden, Socken für Soldaten zu stricken. Die Strümpfe sollten keine Ferse haben, damit sie jedem passten und zudem nicht so schnell verschlissen, weil sich die Träger die Socken immer wieder anders um den Fuß legten. So ist die Spiralsocken-Technik entstanden, die damals sogar patentiert wurde. Ich denke, dass diese Eigenschaften für dich gar nicht so wichtig waren. Was hat dich an den Spiralsocken gereizt? 

Es hat mich gereizt, dass dabei keine Ferse zu stricken ist. Einfach ein Bündchen stricken, 2 re / 2 li geht immer, und dann im Spiralmuster weiter mit der gewünschten Länge bis zur Spitze.

Mit Spiralsocken habe ich dann die ganze Familie bestrickt.

Die ersten Socken - erst eine Spiralsocke, dann die zweite
Die ersten Spiralsocken, die Doris seinerzeit gestrickt hat.

Irgendwann kam dann auch eine Ferse in deine Socken. Mit welcher Ferse ging es weiter und welche Hürde war dabei für dich dabei am größten?

Ich habe mir dann tatsächlich den Mut genommen und eine Käppchenferse gestrickt. Schwierig war dabei die Maschenaufnahme an den Seiten. Bis ich auf die Idee kam, dafür einfach dünnere Nadeln zu verwenden. 

Ich hatte auch das Problem, dass es Löcher an den Stellen gab, an denen nach der Ferse in Runden weitergestrickt wird.

Das Problem habe ich gegoogelt und festgestellt, dass ich damit nicht allein bin. Als Abhilfe, an beiden Übergängen von der Ferse zum Vorderfuß, je 1 Masche aus dem Querfaden aufnehmen, 1 – 2 Runden darüberstricken und dann wieder je 1 Masche abnehmen – Problem gelöst.

Mann, war ich stolz nach den ersten „richtigen“ Socken.

Mit Deinem heutigen Wissen und Deiner Erfahrung: Würdest Du Stricker*innen, die mit dem Sockenstricken beginnen möchten, empfehlen, zuerst mit einer Spiralsocke zu starten, eine nachträgliche Ferse einzustricken oder gleich mit einer klassischen Socke mit Ferse anzufangen? Was denkst Du, ist für den Einstieg am besten geeignet?

Ich würde mit einer klassischen Socke anfangen und zwar am besten mit einer Bumerang- oder Shadow-Wrap-Ferse.

Top Down Socken stricken - Shadow Wrap Ferse
Die Shadow Wrap Ferse

Ich finde es einfacher als wieder Maschen aufnehmen zu müssen. 

Es gibt da sehr gute Anleitungen dafür. In Youtube wird man da auf jeden Fall fündig.

Was würdest du Menschen sagen, die überlegen, mit dem Sockenstricken anzufangen, aber unsicher sind, ob sie es schaffen?

Ohne Strickerfahrung würde ich sagen, strick erst mal einen Schal, damit Du schon mal ein bisschen Übung mit rechten und linken Maschen bekommst.

Ansonsten: Trau Dich, leg los! Es ist nicht so schwer wie es aussieht. Mach einfache STINOS (Stinknormale Socken) ohne Muster, vielleicht mit einer musterbildenden Sockenwolle.

Du wirst sehen, beim zweiten Socken geht es schon viel leichter.

Ach da fehlt noch: Ich helfe Dir gern.

Es gibt im Internet sehr gute Anleitungen für das Sockenstricken. In Youtube wird man da auf jeden Fall fündig.

Für mich persönlich ist es einfacher, wenn ich die Beschreibung schwarz auf weiß vor mir liegen habe. Ich sehe mir z. B. ein Video in Youtube an und wenn es für mich in Frage kommt, lege ich mir dazu ein Word-Dokument mit passenden Notizen an. 

Dass wir beide uns kennengelernt haben, daran sind die großen Füße deines Mannes schuld. Denn du wolltest Toe Up Socken nach meiner Anleitung stricken. Die Größentabelle ging damals nur bis 44/45. Also hast du mich angeschrieben und gebeten, die Tabelle zu erweitern. Gerne habe ich deinen Wunsch erfüllt und so gibt es die Tabelle jetzt sogar bis Größe 48/49. Warum war es für dich wichtig, so große Socken toe up, also von der Spitze aus hoch zum Bündchen, zu stricken?

Bei einer solchen Größe reichen 100 g Wolle, sprich 1 Knäuel, oft nicht aus. Ich wollte von der Spitze aus stricken, um evtl. für das Bündchen eine andere Farbe zu verwenden, falls die Wolle knapp wird. 

Außerdem hat mich diese Methode interessiert. 

Socken für deinen Mann in Größe 48/49 zu arbeiten, ist ja schon eine Herausforderung. Im Vergleich zu einer durchschnittlichen Damensocke in Größe 38/39 strickst du pro Reihe rd. 20 % mehr Maschen. Das ist aber noch nicht alles, denn der Fuß ist ja auch noch 5,5 cm länger als der für die Dame. Puh! Wenn du Socken für deinen Mann strickst, strickst du nur an diesem einen Projekt oder brauchst du zwischendurch mal was Kleineres?

Ich stricke dann nur an diesem Projekt und es zieht sich wirklich wie Kaugummi.

Danach muss ich aber zur Erholung etwas kleineres stricken. Früher Socken für meine Enkelin. Da sie inzwischen aber größere Füße hat als ich, ist dann etwas für mich an der Reihe.

Was inspiriert Dich bei der Auswahl von Farben und Mustern für Deine Strickprojekte, besonders für die großen Herrensocken?

Ich liebe helle bunte Farben und ganz verschiedene Muster. Für meinen Mann habe ich zuerst ein Paar Spiralsocken in grün gestrickt, dann ein Paar mit Musterbildender Wolle in Grau/Schwarz.

Spiralsocke in Grün für den Mann in Größe 48/49
Spiralsocken für den Mann mit Größe 48/49

Danach hat er gesagt, dass er gern auch Socken in hellen, bunten  Farben hätte.

Ich habe auch schon Socken für befreundete Männer in unserem Bekanntenkreis gestrickt und sie mögen auch bunte Wollsocken. Wenn sie die Wahl haben, dann lieber in bunt.

Das gefällt mir, entspricht mehr meinem Geschmack und macht mehr Spaß beim Stricken.

Hast du Tipps oder Tricks, die du anderen Stricker*innen geben würdest, die sich an große Socken wagen wollen?

Ich hole sozusagen tief Luft, nehme es mir vor, schon mit dem Gedanken im Hinterkopf, es durchzuziehen und danach etwas kleineres, schnelles zu stricken. Zwischendurch denke ich, einfach weitermachen.

Du bist inzwischen eine erfahrene Sockenstrickerin. Gibt es Muster oder Techniken, die Du besonders gerne strickst?

Ich stricke besonders gern die Shadow-Wrap-Ferse nach deiner Anleitung. Die kann ich inzwischen im Schlaf. Ich empfehle sie auch gern weiter.

Ich benutze zum Abmessen ein Sockenlineal. Das habe ich mir bei michamade heruntergeladen, ausgedruckt und laminiert. Die Anleitung gibt es sowohl in 4- als auch in 6-fädig. 

Als Mitglied in meinem Teststrickteam hast du schon zahlreiche Sockenanleitungen getestet. Gibt es eine Sockenanleitung, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist und warum?

Das sind die Tilda-Socks. Ich habe sie mehrfach gestrickt in unterschiedlichen Farbkombinationen.

Die Spiralsocke war gestern. Heute strickt Doris zauberhafte Socken mit Ferse, wie die TildaSocks.

Sie sehen einfach schön aus mit den farblich hervorgehobenen Knötchenreihen/Dekorlinien und der verstärkten Herzchenferse.

Du hast mir erzählt, dass du regelmäßig an einem Handarbeitstreff teilnimmst. Wie wichtig ist es dir, in der Gemeinschaft zu stricken?

Es ist mir sehr wichtig. Ich habe lange gesucht bis ich einen Stricktreff gefunden habe. 

Fündig geworden bin ich in einer Facebook-Gruppe, habe die Dame angeschrieben, die dazu etwas gepostet hatte und bin jetzt seit 3 Jahren dabei.

Es macht einfach mehr Spaß zusammen in einer Gruppe seinem Hobby nachzugehen. 

Jede Teilnehmerin hat ihre eigenen Vorlieben und Ideen, es wird gehäkelt, gestrickt, gestickt und geklöppelt. 

Wir helfen uns gegenseitig und haben einfach Spaß miteinander.

Die Damen aus dem Handarbeitstreff nennen dich liebevoll die „Sockenkönigin“. Wie kamst du zu diesem Spitznamen und wie denkst du darüber?

Liebe Barbara, ich denke, da bist Du mit daran Schuld, weil Du immer so schöne Anleitungen hast.

Nach der Spiralsocke kommen aufwendige Socken wie die Wenke Socks
WenckeSocke von Doris, gestrickt beim Teststrick

Ich liebe es, Socken zu stricken und

  • bin immer mit Begeisterung beim Teststrick dabei. 
  • Oder stricke mal „schnell“ für die ganze Familie Weihnachtssocken.
  • Oder entdecke in Facebook ein Paar, das mir gut gefällt und stricke es nach Anfrage bei der Dame, die es gepostet hat, einfach nach.
  • Oder kaufe mir auch mal eine Anleitung.

Natürlich helfe ich auch gern anderen in meinem Stricktreff beim Sockenstricken oder bringe es jemandem bei.

Es macht mir einfach Spaß.

Wie ich mich bei dem Namen fühle? Ich finde es lustig und es macht mich ein bisschen verlegen, denn ich bin bestimmt nicht perfekt beim Stricken. 

Aber ich nehme es mit Humor, ich weiß ja auch, dass es nicht allzu ernst gemeint ist.


Dank an Doris

Liebe Doris, ich danke dir von Herzen für dieses schöne Gespräch und deine Unterstützung im Teststrickteam. Deine Begeisterung und dein Einsatz sind großartig und es ist wunderbar, dich an Bord zu haben. Ich wünsche dir weiterhin viel Freude beim Sockenstricken und bin sicher, dein Mann und deine Familie wird noch viele Jahre deine warmen, liebevoll gestrickten Socken genießen! 😊


Hier findest du Doris Kempf

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Barbara

Kommt aus Köln. Tüftelt täglich an neuen Ideen & Anleitungen. Besucht gerne Handarbeitsmessen und knüpft immer zufällig neue Kontakte. Sie ist die erfahrenste Strickerin unter den Autoren. Alle Artikel von Barbara ansehen.

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