Der World Wide Knit in Public Day ist das größte Strick- und Häkelevent weltweit. Strick- und Häkelfreunde in 32 verschiedenen Ländern von Australien, über Amerika, China, Südafrika und vielen europäischen Ländern treffen sich jedes Jahr zum Stricken, Häkeln, anderen Handarbeiten und natürlich Klönen.
In diesem Jahr war ich zum Zeitpunkt des jährlichen Events gerade in der Holsteinischen Schweiz, als ich in der örtlichen Tageszeitung las, dass der Pönitzer Häkelbüdelklub alle Strickerinnen und Stricker, aber auch alle anderen Handarbeiter und auch die, die es werden wollen, zum World Wide Knit in Public Day in das Museum für Regionalgeschichte einlädt.
“Also, wenn ihr’s habt, Knüddelzeug einpacken und vorbeikommen.”
Ich habe bisher noch nie an einem World Wide Knit in Public Day teilgenommen. Diese Möglichkeit wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Also habe ich mein aktuelles Sockenprojekt in meine Stricktasche gepackt und bin in den kleinen Ort Pönitz gefahren, der unweit des Ostseebadeortes Scharbeutz, nördlich von Lübeck liegt. Gleich wurde ich freundlich von Gerda Petrich begrüßt, die die Veranstaltung mit organisiert hat. Sie erklärte mir, dass der Häkelbüdelklub sich regelmäßig jeden 1. Dienstag im Monat trifft und die Besucher gemeinsam stricken und häkeln, sich austauschen, aber auch in Workshops neue Techniken erlernen, wie zuletzt das Doubleface-Stricken.
Gerda hatte, neben ihrem großen Strickkorb, einen Sack mit gewaschener Schafswolle und zwei Spindeln dabei. Zunächst zeigte sie uns wie das Spinnen mit der Spindel funktioniert. Dann konnten die Besucher ebenfalls ein wenig Vlies und eine Spindel in die Hand nehmen und spinnen. Gerda fabrizierte einen schönen gleichmäßigen Faden. Oje, mein Faden sah aus, wie ein schwangerer Regenwurm und dann riss der Faden immer wieder ab und die Spindel fiel zu Boden. Gerda beruhigte mich, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Mit ein bisschen Übung wird das bald besser werden. Naja, ich muss mir noch mal überlegen, ob ich wirklich spinnen möchte. Dann vielleicht mit einem Spinnrad.
Eine Besucherin brachte nämlich ihr Spinnrad mit und bestätigte, dass das Spinnen mit einem Spinnrad wesentlich schneller von der Hand geht. Sie verarbeitete gerade ein superweiches naturweißes Alpakavlies zu einem feinen Faden. Der soll später noch mit einem pinkfarbenen Garn verzwirnt werden. Aus einer Tüte zog sie ganz weiche Angorahaare hervor. Diese zu verspinnen seien sehr schwierig.
Ihr “Knüddelzeug” hatten viele eingesteckt und zeigten gerne, was sie gerade auf den Nadeln hatten. Dabei tauschten sie sich bei Kaffee, Rhabarbersaft aus eigener Herstellung und selbstgebackenem Kuchen über Material, Muster und Einkaufsmöglichkeiten für Wolle aus.
Spannend fand ich auch eine andere ganz alte Handarbeitstechnik, das Klöppeln eines Spitzenbandes. Eine ältere Dame hatte ein Klöppelkissen auf dem Schoß liegen. Darauf unzählige Klöppel mit verschiedenen pink und lilafarbenen Garnen. Sie wurden paarweise in einer bestimmten Reihenfolge verdreht, verkreuzt und verknüpft. Als Mustervorlage diente der sogenannte Klöppelbrief, auf der die Arbeit immer wieder mit Stecknadeln fixiert wurde. Leider, so erzählte mir die Frau, gibt es nicht mehr viele, die diese Handarbeitstechnik beherrschen. Da kommt ein solcher World Wide Knit of Public Day doch recht.
Eine Urlauberin brachte einen alten gehäkelten, blau-weißen Topflappen mit und fragte, ob jemand ihr das Häkelmuster erklären könnte. Garn und Häkelnadel hatte sie gleich mitgebracht. “Solche Topflappen haben wir früher im Handarbeitunterricht gehäkelt.” meinte eine der Damen. “Aber das Muster, wie das ging…” Es wurde ein wenig probiert, gefachsimpelt – ja, und dann hatten wir es tatsächlich – zur Freude der Urlauberin – geschafft, herauszufinden, dass, um die Berge und Täler im Muster zu häkeln, die Nadel einfach nur in das hintere Maschenglied eingestochen werden muss. “Gemeinsam sind wir stark”, meinte Gerda.
Auf einmal ging ein Raunen durch den Raum. Eine junge Frau kam in Pönitzer Tracht herein. Es stellte sich heraus, dass es Gerdas Tochter war, die direkt von der Landesgartenschau in Eutin kam, wo sie mit ihrer Trachtengruppe an diesem Sonntag einen Auftritt hatte. Die Tracht kannten die meisten Frauen natürlich schon, aber die tolle Jacke in einem ausgefallenen, aufwendigen Norwegermuster wurde von allen bestaunt, denn fertig hatte noch kein Mitglied des Häkelbüdelklubs die wunderschöne Jacke gesehen.
Ich habe die Gunst der Stunde genutzt und Gerda gebeten mir mal zu erklären, wie sie die Fäden führt, wenn sie ein Norwegermuster mit zwei verschiedenen Farben strickt. Schon holte sie ihren Strickkorb, denn dort bewahrte sie ihr aktuelles Strickprojekt auf, eine Tunika mit einer Rundpasse im Norwegermuster aus einem Alpaka-Seidengemisch, und zeigte, wie sie beide Fäden über ihre linken Zeigefinger führte. Das werde ich demnächst mal ausprobieren.
Liebe Stricker und Häklerinnen des Pönitzer Häkelbüdelklubs, ich danke euch allen für einen kurzweiligen, interessanten, lehrreichen Nachmittag an eurem World Wide Knit in Public Day.
Liebe Barbara,
was gibt es Schöneres, als sogar noch im Urlaub auf Gleichgesinnte zu treffen? Nach dem Lesen deines Berichtes kann man wunderbar nachvollziehen, wie sehr alle Teilnehmerinnen des Knit in Public Days das Zusammensein genossen haben. Übrigens, das Jäckchen zur Tracht ist eine Wucht! Liebe Grüße von Martina
Liebe Martina,
vor zwei Jahren hatte ich ja schon einmal über den World Wide Knit in Public berichtet. Damals hatten mir die Veranstalter aus München und Deggendorf über ihre Veranstaltung berichtet. Wenn man aber live dabei sein kann, lässt sich ein solches Event wesentlich besser einschätzen. Und dieses hat echt Spaß gemacht. Wäre es ein wenig wärmer gewesen, hätten die Damen und auch einige anwesenden Herren draußen im Museumsgarten unterm Walnussbaum gestrickt, gehäkelt, gesponnen, geklöppelt und geschnackt. Schön, dass das interessante Museum eine Alternative war. Übrigens, wer mal nach Pönitz kommt, sollte dem kleinen Museum einen Besuch abstatten. Exponate aus der Vergangenheit ländlicher Kultur mit Wohnräumen und handwerklichen Arbeitsplätzen aus dem 19/20. Jahrhundert sind wirklich sehenswert. Liebe Grüße Barbara
Liebe Barbara, danke für Deine Teilnahme und Deinen netten Bericht! !
Es war ein schöner Nachmittag mit netten Leuten! LG Käthe
Liebe Käthe, ich kann mich deinen Worten nur anschließen. Ihr strickt und häkelt alle so wunderschöne Sachen. Macht weiter so! Ganz herzliche Grüße nach Pönitz Barbara
Liebe Barbara,
es war sehr nett, dass du bei uns reingeschaut hast und noch netter ist dein schöner Bericht!
Liebe Gerda, uns hat es auch ganz viel Spaß gemacht. Euer Häkelbudelklub bzw. die, die wir kennengelernt haben, ist eine tolle Truppe. Wollige Grüße Barbara