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Vom Spinnen bis hin zu verschiedenen Garnarten

Nachdem ich bereits über die Herkunft und die Eigenschaften von Wolle und Garnen berichtet habe, möchte ich mich nun mit der Weiterverarbeitung der Fasern beschäftigen, angefangen vom Spinnen bis hin zu verschiedenen Garnarten.

Die Vorbereitungen zum Spinnen

Nachdem die natürlichen Fasern erfolgreich geerntet wurden, gelangen sie in Form großer Ballen in die Spinnerei. Hier durchlaufen sie zunächst diverse Vorbehandlungsschritte, wie das Reinigen, das Mischen und dem Kämmen, auch als Kardieren bekannt.

Während des Kämmens werden die Fasern behutsam parallel ausgerichtet, was zur Entstehung eines Kardenbands führt. Um eine noch höhere Gleichmäßigkeit zu erreichen, werden mehrere dieser Kardenbänder miteinander vermischt und zu einem Streckband gestreckt. Wenn das Ziel ein absolut gleichmäßiges Garn ist, wird der Kammprozess sogar mehrmals wiederholt.

Im Falle von Kunstfasern beginnt der Vorgang des Spinnens bereits während der Herstellung, dem sogenannten Primärspinnen. Die daraus resultierende Faser ist zu diesem Zeitpunkt gestreckt, aber noch nicht verdreht. Um sie optimal auf das Sekundärspinnen vorzubereiten, werden die Fasern in kleinere Stücke geschnitten.

Das Spinnen

Wenn aus dem Vorgarn durch gleichzeitiges Ziehen und Drehen (Verdrillen) ein Faden entsteht, spricht man von Spinnen.

Handspinner nutzen dazu entweder eine Handspindel oder ein Spinnrad. In der Industrie sorgen unterschiedliche Maschinen für die Garnherstellung.

Mit der Ringspinnmaschine wird die notwendige Fasermenge gestreckt und durch einen rotierenden Ringläufer zum Faden verdreht. Da der Ringläufer sich um einen Spulenkern dreht, wird der Faden in einem Arbeitsschritt aufgespult.

Rotor-Spinnmaschinen können vor allem kürzere Fasern verarbeiten. Das Vorgarn wird automatisch eingezogen und durch Rotationsbewegungen gestreckt sowie zum Faden verdreht.

Die hier genannten sind die hauptsächlich verwendeten Spinnmaschinen.

Den Faden, der beim Spinnen entsteht, nennt man Singlefaden. Um den Drall aus dem Faden herauszubekommen, sollte der Singlefaden mit einem zweiten Faden verzwirnt werden.

Garnarten – verzwirnte Garne

Zwirngarn

Damit sind wir bei der bekanntesten Garnart, dem verzwirnten Garn. Beim Zwirnen werden zwei oder mehr Singlefäden miteinander verdreht, verdrillt. Dadurch nimmt der Faden an Volumen zu und erhält Stabilität und Reißfestigkeit. Industriell erfolgt das Verzwirnen auf einer Zwirnmaschine.

Beim Verzwirnen können gleiche, aber auch unterschiedliche Materialien eingesetzt werden, zudem ist auch die Mischung von verschiedenen Farben möglich.

Garnarten - verzwirnter Faden
Ein verzwirnter Faden, bestehend aus drei einzelnen Fäden.

Das Verzwirnen ist allerdings auch bei verschiedenen anderen Garnarten eine Basis, wobei in glatten Zwirngarnen und Effektgarnen unterschieden wird.

Lacegarn

Lacegarne sind sehr dünn verzwirnte Garne. Sie haben eine Lauflänge von über 300 m / 50 g. Meist findet man sie aus Material wie Merino, aber auch aus Seide, Mohair oder Kaschmir. Mit größeren Nadeln verstrickt, entsteht ein luftig leichtes Accessoires. Auch nutzt man sie gerne als Beilaufgarn zu dickeren Garnen, um ihnen einen gewissen Flausch zu geben.

Garnarten - Lacegarn
Ein Lacegarn aus flauschigem Mohairseidengemisch mit feinem Lurexfaden. Es wurde im Tuch Lilli verstrickt.

Babygarn

Garn für Babys und Kleinkinder muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Es sollte weich, hautverträglich, farb- und speichelecht, pflegeleicht und strapazierfähig sein. Hersteller bieten deshalb spezielle Babygarne an, die aus Merinowolle mit Superwash-Ausrüstung, Baumwolle oder auch aus Kunstfasern bestehen. Damit Eltern, Großeltern und andere Stricker sicher sind, dass sich diese Garne auch für den Nachwuchs eignen, unterliegen sie strengen Prüf- und Zertifizierungsverfahren.

My first Regia

Sockengarn

Als Sockengarn, auch Strumpfgarn genannt, bezeichnet man ein Strickgarn, das hauptsächlich zum Stricken von Socken, aber auch für Tücher, Handschuhe und sogar für Pullover genutzt werden. Es gibt unzählige Farben und wunderschöne Farbverläufe. Auch Effekte, wie Tweed sind möglich. Hier bei uns sind überwiegend Garne mit Lauflängen von 420 m / 100 g im Einsatz. Sie nennt man auch 4-fädige Garne, da 4 Einzelfäden verzwirnt wurden. Es gibt aber auch 6- und 8-fädige Qualitäten. Die überwiegenden Sockengarne bestehen aus 75 % Wolle und 25 % Polyamid. Die Hersteller bieten aber auch Strumpfgarne aus hochwertigen Materialien, wie Alpaka bzw. aus Mischungen von Merinogarn mit Yak, Alpaka, Kaschmir, Bambus oder Seide an. Baumwolle, Viskose und Polyacryl sind ebenfalls Materialien, aus denen Sockenwolle besteht.

Garnarten Sockengarn wird verarbeiter
4-fädige Sockenwolle wird für die PillaSocks verwendet.

Dochtgarn

Dochtgarn ist ein einzelner dicker, luftiger Faden, der beim Verzwirnen nur leicht gedreht wird. Grundsätzlich ist Dochtgarn nicht besonders reißfest. Hergestellt aus Wolle verfilzt das Garn schnell, weshalb es auch für spezielle Strickfilzprojekte genutzt wird.

Garnarten Dochtgarn - Filzgarn

Flammgarn

Flammgarn ist ein Effektgarn, das länglichen Verdickungen in unregelmäßigen Abständen aufweist, die im Garn wie eine Flamme wirken.

Die Fadenverdickungen entstehen bei der Verspinnung oder Verzwirnung des Garns. Verstrickt erhält das Maschenbild ein unregelmäßiges Aussehen.

Garnarten Flammgarn
Flammgarn

Bouclégarn

Bouclégarn ist ebenfalls ein Effektgarn. Es ist eine Mischung aus natürlichen und synthetischen Fasern. Das Garn hat kleine Schlingen oder Knötchen, die durch unterschiedliche Geschwindigkeit beim Verzwirnen entstehen. Verstrickt entsteht ein weiches, plüschähnliches Maschenbild.

Bouclégarn Garnarten
Boucle-Garn, leicht angeraut, erhält verstrickt eine flauschige Vliesoptik.

Ondégarn

Beim Ondégarn wird ein dickerer Hauptfaden, gerne auch ein locker verzwirnter Dochtfaden, mit einem dünnen Faden locker umwickelt, wodurch der Hauptfaden ein welliges Erscheinungsbild erhält.

Tweedgarn

Tweedgarne bestechen durch kleine markante Farbsprenkel im Garn, den sog. Neps. Sie geben dem Garn eine eher rustikale Optik. Meist werden bunte Fasern bereits beim Spinnen dem Grundgarn zugemischt. Dadurch sind die Neps gut im Faden verankert und können nicht so einfach herausgezogen werden. Bei der Weiterverarbeitung werden die 2, 4 bis zu 8 Fäden miteinander verzwirnt.

Garntypen - Tweedgarn
Tweedgarn mit bunten Naps.

Tweed-Garne sind auch bei Sockenwolle beliebt. Ich habe dazu in diesem Beitrag berichtet.

Garnarten – Schlauchförmige Garne

Zuvor bildeten verzwirnte Garne Grundlage für die verschiedenen Garnarten. Nun möchte ich euch Garnarten vorstellen, bei denen schlauchartige Gewebe eine Rolle spielen.

Kettengarn/Chainette-Garn

Hier ist zunächst das Kettengarn, auch Chainette-Garn genannt, anzuführen. Die gesponnenen Fäden werden wie mit einer Strickliesel zu einem kettenförmigen, luftigen Schlauch verarbeitet. Durch die besondere Herstellungsweise entsteht ein voluminöser Faden mit hoher Dehnbarkeit. Zudem ist viel Luft eingeschlossen, was in Verbindung mit tierischen Fasern Wärme bietet. Bei hoher Lauflänge hat Chainette-Garn ein recht geringes Gewicht.

Garnarten - Kettengarn Chainette-Garn
Kettengarn, Chainette-Garn

Schlauchgarn

Schlauchgarn besteht aus einer fein gestrickten Röhre. Zur Herstellung werden verschiedene Materialien, wie Baumwolle, Viskose bis hin zu Seide genutzt. Die Röhren/Schläuche, gefüllt mit Kunstfasern, nutzt man gerne um Accessoires wie Körbchen oder Kissen mit Nadelstärken von 4 bis hin zu 7 mm zu stricken oder z. B. einen Häkelbeutel im Ethnolook zu häkeln.

Die Garnhersteller haben diese Garnart allerdings auch entdeckt, um daraus hochwertige, leichte, fluffige Garne herzustellen. Die Schläuche aus Polyamid erhalten eine Füllung mit fluffigen Alpaka- oder Merinofasern. Verstrickt entstehen daraus leichte, kuschelig weiche Produkte, wie beispielsweise mein Schal Emmi.

Schlauchgarn
Ein Schlauch aus Polyamid mit weichen Alpakafasern gefüllt.

Bändchengarn

Auch das Bändchengarn ist ein sog. Schlauchgarn mit dem Unterschied, es wird nicht gefüllt. Der Strickschlauch kann aus unterschiedlichen Materialien bestehen. Gerne wird Baumwolle oder Viskose genutzt, wodurch Bändchengarn ideal für sommerliche Garderobe ist, wie unser Fallmaschenloop. Bändchengarn wird unifarben, aber auch mit hübschem Farbverlauf oder farblichen Drucken angeboten.

Fallmaschenloop stricken - drei Maschen abketten

Textilgarn

Textilgarn ist ein Jerseygarn, das aus Restmaterialien der Mode- und Textilindustrie hergestellt wird. Es wird in unterschiedlichen Farben und auch Mustern angeboten. Die Breite der Stoffstreifen variiert von 0,8 bis 2,5 cm. Es kann mit dicken Häkel- oder Stricknadeln der Nadelstärken 8 – 12 mm zu Heimtextilien verarbeitet werden, wie Lampenschirme, Blumentöpfe, Körbchen, Eierbecher, aber auch dekorative Kissen.

Textilgarn lässt sich auch selber herstellen. Dazu werden ausrangierte T-Shirts oder Jerseybettücher benötigt. Wie es genau funktioniert, erfährst du in diesem Beitrag.

Garnarten – sonstige

Gefachtes Garn

Besteht das Garn aus mehreren sehr dünnen, versponnenen Fäden, die wiederum nicht verzwirnt sind, so spricht man von gefachtem Garn. Man erkennt sie an den einzelnen Fäden, die nebeneinander liegen, wie z. B. bei den sog. Bobbeln. Durch gezielte Farbwechsel bei den einzelnen Fäden entstehen weiche Farbübergänge.

Das Stricken mit gefachtem Garn ist ungewohnt. Anfangs muss man unbedingt darauf achten immer aller Fäden mitzunehmen. Später wird das zur Routine.

 Der Bobbel mit gefachtem Garn
Tuch Vicky als Bobbel, vor dem Stricken.

Felloptikgarn

Beim Felloptikgarn bilden Fransen im Garn ein interessantes Strickbild. Es wird aus Kunstfasern, wie auch aus hochwertigen Naturfasern gebildet. Verstrickt ergeben die Fransen ein plüschiges Gestrick mit Felloptik. Die Fransen sind im Faden eingestrickt, wodurch sie fest verbunden sind und sich nicht lösen. Felloptikgarn wird mit größeren Nadelstärken verstrickt.

Garnarten - Felloptik

Glitzergarn/Lurexfaden

Glitzergarn ist ein dünnes bandförmiges Effektgarn, hergestellt aus einer mit Aluminium bedampften Kunstfaser. Es kann direkt im Strickgarn eingearbeitet sein oder auch als Beilauffaden zusätzlich zum Strickgarn verwendet werden. Glitzergarn gibt es in unterschiedlichen Farben.

Dreieckstuch stricken - Die Zunahmen am oberen Rand und in der Mitte erfolgen durch dekorative Umschläge.
Beim Tuch Lilli hat das Grundgarn einen zarten Giltzerfaden eingearbeitet.


Fazit

Die vielfältigen Garne variieren in ihrer Haptik und ihrer Struktur. Wir Stricker haben durch die Auswahl so viele Möglichkeiten, unsere Strickprojekte individuell zu gestalten und ihnen unsere persönliche, kreative Note zu verleihen.

Barbara

Kommt aus Köln. Tüftelt täglich an neuen Ideen & Anleitungen. Besucht gerne Handarbeitsmessen und knüpft immer zufällig neue Kontakte. Sie ist die erfahrenste Strickerin unter den Autoren. Alle Artikel von Barbara ansehen.

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