Linke Maschen stricken und Combined Knitting – Stricktipp + Training
Einige Stricker:innen mögen keine linken Maschen. Sie finden sie umständlicher und zeitraubender als rechte Maschen und versuchen alles, sie zu vermeiden. So auch die 1910 in England geborene Amerikanerin Elizabeth Zimmermann. Sie war eine begeisterte Strickerin und eine Frau mit festen Ansichten: Sie verstrickte ausschließlich Wolle, und da sie linke Maschen hasste, konstruierte sie ziemlich raffinierte Strickstücke, die nur aus rechten Maschen bestanden, wie das beliebte Baby Surpris Jacket.
Auf linke Maschen verzichten – doch so viele schöne Muster basieren auf einer Kombination aus linken und rechten Maschen
Gut, man kann auf linke Maschen auch verzichten. Doch geben sie uns nicht einen großen Spielraum, die durch das Nebeneinander und das Zusammenspiel von rechten und linken Maschen entstehen?
Mit wenigen Veränderungen entsteht ein völlig anderes Muster. Das einfachste Rechts-links-Muster ist der Wechsel von einer rechten und einer linken Masche. Werden die beiden Maschentypen reihenweise versetzt übereinander gestrickt, wird daraus das Perlmuster, das nicht einmal eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Bündchenmuster hat. Allein die immer neue Anordnung rechter und linker Maschen schafft zahllose interessante Strukturen, die sich mit dem Lichteinfall verändern.
Darum mögen manche Stricker:innen keine linken Maschen
Doch warum mögen einige Stricker:innen die linken Maschen nicht? Wir halten in der Regel unseren Arbeitsfaden hinter der Arbeit. Für die linken Maschen muss er nach vorne geholt werden. Das dürfte allerdings kein Hindernis für das Stricken von linken Maschen sein.
Viel schwieriger, finde ich, ist, dass bei der westeuropäischen Strickweise von linken Maschen der Arbeitsfaden gegen den Uhrzeigersinn, also von oben um die Nadel gelegt wird, bevor er dann durch die Masche gezogen wird. Dieses Umwickeln ist notwendig, damit die Maschen in der gleichen Richtung auf der Nadel liegen wie die rechten Maschen.
Sobald auf diese Weise die linke Masche gebildet wird, liegt das rechte Maschenbeinchen vorne, wie auch bei den rechten Maschen.
Ich stricke die linken Maschen anders
Ich selber habe vor über 50 Jahren das Stricken der linken Maschen anders gelernt und ich weiß von verschiedenen Strickern, dass sie ebenfalls so die linken Maschen stricken. Dazu führe ich den Arbeitsfaden im Uhrzeigersinn, von unten um die Nadel und ziehe ihn durch die Masche. Das ist total einfach. Ein kompliziertes Wickeln entfällt.
Diese Strickweise ist im osteuropäischen Raum gängig.
Combined Knitting und was dabei zu beachten ist
Allerdings hat meine Methode, die osteuropäische Strickweise von linken Maschen, eine kleine Besonderheit. Im Gegensatz zur westeuropäischen Stricktechnik, liegen die rechten und linken Maschen nach dem Stricken unterschiedlich auf der Nadel. Bei rechten Maschen liegt das linke Maschenbeinchen hinten, bei den linken Maschen das rechte Maschenbeinchen.
Die Methode, die ich stricke nennt sich in Strickerkreisen Combined Knitting, denn ich arbeite rechte Maschen nach der westeuropäischen und die linken nach der osteuropäischen Strickweise. Einen gängigen deutschen Begriff habe ich dafür bisher noch nicht entdeckt. Übersetzt heißt es kombiniertes Stricken.
Da die Ausrichtung der Maschen auf der Nadel beim Combined Knitting unterschiedlich ist, muss beim Abstricken teilweise anders in die Masche eingestochen werden. Ansonsten entstehen verschränkte Maschen.
Der kleine Trick, den ich mir beim Abstricken der Maschen zu eigen mache
Das ist gar nicht so schwierig, wenn du dir die Masche wie einen Torbogen mit einer Öffnung vorstellst, die deine rechte Nadelspitze durchlaufen muss, um den Faden für die neue Masche aufzunehmen.
Bei den rechten Maschen schiebst du die rechte Nadelspitze von vorne durch die Torbogenöffnung, bei den linken von hinten.
Das heißt, du musst einfach nur die Masche genau anschauen, die du abstricken möchtest.
- Wo ist die Öffnung des Torbogens?
- Welche Masche möchtest du jetzt stricken?
Bei den nachfolgenden Beispielen zeige ich dir, wie es funktioniert.
Combined Knitting – Stricken in der Reihe
- Eine rechte Masche folgt auf die linke Masche der Vorreihe –
Das ist beispielsweise bei glatt rechten Strickstücken der Fall. Du stichst von links nach rechts in die Masche ein und strickst eine rechte Masche.
Du stichst von hinten in die linke Masche ein und strickst eine linke Masche.
Combined Knitting – Stricken in der Runde
- Eine linke Masche folgt auf die linke Masche der Vorrunde –
Die Öffnung des Torbogens zeigt nach rechts. Du stichst von hinten in die linke Masche ein und arbeitest eine linke Masche.
Die Öffnung des Torbogens zeigt nach rechts. Du stichst von vorne, von rechts nach links in die Masche ein und arbeitest eine rechte Masche.
Welche Auswirkungen hat das Combined Knitting auf mein Strickstück?
Wenn die geänderte Strickweise der Maschen beim Combined Knitting beachtet wird, sieht das Strickstück nahezu genauso aus, wie wenn komplett in der westeuropäischem Strickweise gearbeitet wird.
Nahezu. Denn durch das Wickeln des Fadens um die Nadel bei der westeuropäischen Variante bekommt die linke Masche unter Umständen mehr Weite. Das bedeutet, bei in Reihen glatt rechts gestrickten Projekten ergibt sich ein Maschenbild, bei dem abwechselnd eine Reihe aus kleineren, die andere aus größeren Maschen gebildet wird. Beim Combined Knitting sollte das Maschenbild gleichmäßig sein.
Besonderheiten beim Abnehmen/Reduzieren von Maschen
Beim Combined Knitting liegen die Maschen, wie gesagt, anders auf der Nadel. Beim Abnehmen von Maschen muss das beachtet werden. Meine Beispiele gelten für glatt rechts gestrickte Strickstücke.
- Zwei Maschen mit Neigung nach rechts zusammenstricken (auf Vorderseite)
In diesem Fall musst du bei beiden Maschen zunächst die Ausrichtung ändern, indem du sie nacheinander auf die rechte Nadel hebst und im Anschluss wieder so auf die linke Nadel schiebst, dass die linken Maschenbeinchen hinten liegen. Nun kannst du sie wie bisher rechts zusammenstricken. Dazu schiebst du die rechte Nadel von links nach rechts durch beide Maschen.
Schiebe die rechte Nadel von rechts nach links in die erste Masche und hebe sie so auf die rechte Nadel. Die folgende Masche strickst du rechts. Hierbei schiebst du auch die rechte Nadelspitze von rechts nach links in die Masche und strickst eine rechte Masche. Im Anschluss wird die abgehobene Masche über die gestrickte gezogen.
Da die beiden Maschen bereits anders auf der Nadel liegen, reicht es, dass die rechte Nadelspitze von rechts nach links durch beide Maschen geschoben und anschließend rechts zusammengestrickt werden.
Schiebe die rechte Nadelspitze von rechts nach links durch beide Maschen, die zusammengestrickt werden sollen und stricke eine linke Masche.
Ändere zunächst die Ausrichtung beider Maschen, indem du sie nacheinander auf die rechte Nadel hebst. Danach schiebst du sie wieder so auf die linke Nadel, dass die linken Maschenbeinchen vorne liegen. Nun kannst du sie zusammenstricken.
sockshype-Empfehlung
Wenn du linke Maschen nach der westeuropäischen Weise strickst und das wirklich nur ungerne machst, versuche doch einmal das Combined Knitting aus. Zunächst wirst du ein wenig Eingewöhnungszeit benötigen. Lass dich davon nicht abbringen. Ich habe für dich ein kleines, reich bebildertes Training vorbereitet, mit dem du das Combined Knitting üben kannst.
Du wirst sehen, bald wird dir auch das Stricken von linken Maschen Spaß machen. Ja, hätte Eliziabeth Zimmermann diese Methode gekannt, sie hätte bestimmt auch Projekte in wunderbaren Rechts-Links-Mustern entworfen.
Zum Training
Weitere Stricktipps findest du hier.
Dankedankedanke! Seit Jahren quäle ich mich, vor allem bei Rippenmustern/Bündchen, mit dem unregelmäßigen Maschenbild herum und fand nirgends eine praktikable Lösung für dieses Problem. Wie viel habe ich da schon ausprobiert – ohne Erfolg. Bei glatt rechts behelfe ich mir immer mit einer dünneren Nadel für die Linksreihe, funktioniert aber bei rechts/links im Wechsel natürlich nicht. Nun habe ich diese Methode hier entdeckt und gleich ausprobiert. Am Anfang etwas hakelig, d. h. ungewohnt, weil man es eben anders einprogrammiert hat. Nach einer Weile flutscht das aber und ist sogar weniger aufwändig und schneller, sodass man gar nicht mehr anders stricken möchte. Rechts-Links-Maschenbild: perfekt. Der beste Tipp, den ich je im Netz oder in Büchern gefunden habe! Ich kann mich gar nicht genug bedanken …
Liebe Hanna,
was für ein Kompliment. Ganz lieben Dank. Nur allein dafür hat sich mein Beitrag schon gelohnt und motiviert, zukünftig noch weitere gute Stricktipps aufzuschreiben.
Es freut mich auch, dass dein Rechts-Links-Maschenbild nun mit ein wenig Übung perfekt ist und du wirklich Spaß hast, Rippenmuster zu stricken. Nur, wenn man zufrieden mit dem Ergebnis ist, wird jede Arbeit zu einem Vergnügen.
Wollige Strickgrüße
Barbara